FAQs

Power-to-Gas

Power-to-Gas-Anlagen in der Schweiz dienten bisher primär der Forschung – in kleinem Massstab wurde darin die Technologie erprobt. Die Limeco-Anlage hingegen wird erneuerbares Gas in industriellem Massstab produzieren – mit dem Ziel eines kommerziellen Betriebs. Mit einer Elektrolyseleistung von 2.5 Megawatt ist sie mit Abstand die grösste Power-to-Gas-Anlage in der Schweiz. Die biologische Methanisierung mit Mikroorganismen, sogenannten Archaeen, kommt hier erstmals in einer industriellen Anlage zur Anwendung. Das Klärgas, das zu circa zwei Dritteln aus Methan und zu einem Drittel aus CO2 besteht, wird direkt in den Methanisierungsreaktor geführt, wo die Archaeen das CO2 zusammen mit Wasserstoff zu Methan umwandeln. Diese direkte Methanisierung, ohne vorherige CO2-Abscheidung, ist in dieser Grössenordnung ein Novum.

Speziell ist auch das Kooperationsmodell des Projekts: Limeco baut und betreibt die Anlage, finanziert wird die Investition von acht Schweizer Energieversorgern. Über Zertifikate erwerben diese den ökologischen Nutzen des Gases und verkaufen ihn am Ausspeisepunkt wiederum an ihre Endkunden.

Verschiedene Faktoren senken die Gestehungskosten für das erneuerbare Gas. Dank der direkten Zuführung von Klärgas, das zu rund zwei Dritteln bereits aus Methan besteht, können die spezifischen Kosten für die Methanisierung halbiert werden. Günstig ist auch die Lage der Anlage direkt neben der Kehrichtverwertungsanlage (KVA): So kann der Strom direkt aus der KVA bezogen werden und die Netznutzungsgebühren entfallen. Dies halbiert auch die Kosten für die Umwandlung des Stroms in Wasserstoff (Elektrolyse). Dies sind wichtige Faktoren, um zukünftig einen wirtschaftlichen Betrieb zu erreichen.

Eine industrielle Power-to-Gas-Anlage dient nicht primär der Forschung, sondern speist substanzielle Mengen an erneuerbarem Gas ins Netz ein. Sie ist damit ein Bestandteil des Energiesystems und ermöglicht die Sektorkopplung, also die Verbindung der Energiesektoren Strom, Gas, Wärme und Mobilität.

Das erneuerbare Gas wird ins Gasnetz eingespeist und zum Heizen, Kochen oder Autofahren verwendet. Es ersetzt dabei fossiles Erdgas, hat chemisch aber die gleiche Zusammensetzung. Wird es verbrannt, entsteht ebenfalls CO2. Dieses ist jedoch klimaneutral, denn es stammt aus dem Klärgas und wurde zuvor über pflanzliche Nahrungsmittel, die wir verdaut haben, aus der Atmosphäre aufgenommen – ein natürlicher Kreislauf. Würde anstelle der jährlich rund 18’000 MWh erneuerbarem Gas aus der Limeco-Anlage die gleiche Menge Erdgas verbrannt, gelangten hingegen rund 4000-5000 Tonnen fossiles CO2 zusätzlich in die Atmosphäre.

Die physische Energie und der ökologische Mehrwert (oder Herkunftsnachweis) werden beim Gas wie auch beim Strom unabhängig voneinander gehandelt. Das erneuerbare Gas von Limeco wird ins Dietiker Gasnetz eingespeist. Die acht Energieversorger aus Aarau, der Linthregion, Bern, St. Gallen, Dietikon, Schlieren, Lenzburg und Interlaken erwerben gleichzeitig über Zertifikate den ökologischen Mehrwert für das von Limeco produzierte erneuerbare Gas und verkaufen ihn am Ausspeisepunkt wiederum an ihre Endkunden, zusammen mit der gelieferten Energiemenge. Wer als Gaskunde ein Produkt mit Biogasanteil bezieht, hat dank Zertifikat die Garantie, dass die entsprechende Menge an erneuerbarem Gas produziert und ins Netz eingespeist wurde, und hilft gleichzeitig mit, neue Anlagen für erneuerbares Gas wie jene von Limeco zu finanzieren.

Das Potenzial für Power-to-Gas hängt mit dem Ausbau der Fotovoltaik zusammen. Je stärker die Fotovoltaik ausgebaut wird, desto höher ist die Stromproduktion im Sommer, wenn wir nur einen Teil davon verbrauchen können. Eine Studie der Empa geht von rund 10 Terawattstunden (TWh) überschüssigem erneuerbarem Strom aus, wenn auf der Hälfte der dazu geeigneten Dachflächen in der Schweiz Fotovoltaikanlagen gebaut werden. Statt diesen Überschussstrom ungenutzt zu lassen, könnten wir damit rund 5 TWh synthetisches Gas herstellen.

Die 100 grössten Schweizer Abwasserreinigungsanlagen bieten einen idealen Standort für Power-to-Gas-Anlagen. Damit könnte in Zukunft der Energieverbrauch von über 250’000 Personen gedeckt werden.

Ja, in zweierlei Hinsicht: Wenn wie in der Limeco-Anlage CO2 verwertet wird, das Teil des natürlichen CO2-Kreislaufs ist oder aus der Atmosphäre entnommen wird, ist das produzierte erneuerbare Gas klimaneutral. Es ersetzt fossiles Erdgas und senkt so die CO2-Emissionen.

Zudem ist Power-to-Gas künftig ein wichtiges Element in einem vollständig erneuerbaren Energiesystem: Power-to-Gas-Anlagen speichern überschüssigen erneuerbaren Strom aus Sonnen- und Windenergie und tragen so zur Stabilität und zur Effizienz des Gesamtsystems bei. In Gas umgewandelt, kann die erneuerbare Energie über die bestehende Gasinfrastruktur verteilt werden. So lässt sich der kostspielige Ausbau der Stromnetze vermeiden. Power-to-Gas ist also sowohl ökologisch wie auch ökonomisch nachhaltig.

In den vergangenen Jahren wurden in der Schweiz und in anderen Ländern zahlreiche Forschungsprojekte im Bereich Power-to-Gas durchgeführt. Die Deutsche Energie-Agentur (dena) siedelt die verschiedenen Komponenten des Power-to-Gas-Prozesses (Elektrolyse und Methanisierung) auf der neunstufigen Technology-Readiness-Skala auf Stufe 6 bis 9 an, je nach eingesetztem Verfahren (Quelle: Roadmap Power-to-Gas).

Die direkte biologische Methanisierung, bei der das Klärgas direkt in den Methanisierungsreaktor gelangt und dort von Mikroorganismen (Archaeen) zu Methan umgewandelt wird, wurde in Pilotanlagen bereits erprobt. Limeco setzt das Verfahren nun erstmals in industriellem Massstab ein. Ziel des Projekts ist es, nachzuweisen, dass diese Technologie unter gewissen Bedingungen Marktreife erreicht.